Aufruf: Auf die Straße gegen patriarchale Gewalt! – wütend feministisch solidarisch
Täglich sind Menschen in Deutschland aufgrund ihres Geschlechts oder ihrer Geschlechtsidentität Diskriminierungen, Anfeindungen und vielfältigen Formen von Gewalt ausgesetzt. Das passiert uns, das passiert unseren Freund*innen.
Die Freund*in, die von ihrem Partner manipuliert und psychisch unter Druck gesetzt wird.
Die Kollegin, die sich nicht traut, sich von ihrem gewalttätigen Ehemann zu trennen, weil sie Angst um ihre Kinder und sich selbst hat.
Die Cousine im betreuten Wohnen, die vom Pfleger in der Intimzone angefasst wird, obwohl sie es nicht möchte, aber der nicht geglaubt wird.
Die junge Frau, die von ihrem neuen Partner zu Sex “überredet” wird.
Die Schwester, die von einem Mann gestalkt wird.
Die queere Freundin, die auf offener Straße verprügelt wird.
Unsere Ärsche, die auf Klos gefilmt und verkauft werden.
Die Frau, die im gleichen Viertel wohnte und von ihrem Expartner umgebracht wurde.
Die Freund*in, die Trampen ging und nicht zurück kam.
Der „Genosse“, der Frauen vergewaltigte und von seinen Freunden mit Argumenten des antifaschistischen Selbstschutzes verteidigt wurde.
Das alles passiert tagtäglich! Und nicht alle haben die Konfrontation mit cis Männern überlebt.
Emotionale, körperliche, finanzielle, häusliche Gewalt oder gar Feminizide werden an Frauen verübt, weil sie Frauen sind. Sie werden von cis Männern verübt, weil das patriarchale Besitzdenken diese glauben lässt sie hätten ein Recht auf Frauen. Ein Recht auf Aufmerksamkeit, Zuneigung, Sex. Auf Frauen-Körper, Frauen-Zeit und Frauen-Leben. Dementsprechend geht geschlechtsspezifische Gewalt meist von cis Männern aus dem sozialen Nahraum der Betroffenen aus, beispielsweise im Falle häuslicher Gewalt.
Trans, inter, nicht-binäre, queere Personen sind in besonders hohem Maße durch geschlechtsbezogene Gewalt gefährdet und von ihr betroffen, da zusätzlich zur häuslichen Gewalt spezifischer auch die Straße ein unsicherer Ort ist. Als Menschen außerhalb der heterosexuellen Norm werden sie gewaltvoll ausgegrenzt und zu Objekten des Hasses.
Die Erfahrung der Schutzlosigkeit teilen wir. Aber auch die Erfahrung, dass wir gemeinsam stärker sind! Unsere Sicherheit hat uns niemand geschenkt, war niemals selbstverständlich. Sie wurde erkämpft.
Gewaltschutz wurde erkämpft. Die ersten Frauenhäuser, Schutzräume für von (häuslicher) Gewalt betroffene Frauen, waren autonome, selbstorganisierte Frauenhäuser. Auch Gesetze zur Sicherheit in Ehe und Beziehung und der körperlichen Selbstbestimmung waren immer Ergebnisse feministischer Kämpfe. Doch wer gegen geschlechtsspezifische Gewalt kämpft, kann sich auf den Staat nicht verlassen. Denn die Gesetzgebung im Staat bleibt einer rassistischen und misogynen Ideologie und bürgerlichen Sexualmoral verhaftet. Sie hat niemals die Freiheit ihrer Mitglieder zum Ziel sondern die Aufrechterhaltung des kapitalistischen Systems.
Als emanzipatorische Linke wollen wir es besser machen, wollen es ganz anders machen, wollen Staat, Polizei und Justiz nicht um Verbesserungen anrufen, sondern sie abschaffen. Für Feminist*innen wie uns ist es eine bittere Erkenntnis, dass das hierarchische Geschlechterverhältnis nicht vor unseren Organisationen halt macht. Politische Räume wie zum Beispiel das Plenum oder die Demo werden systematisch zu Männerräumen, die mehrheitlich die Interessen von cis Männern vertreten. Gegen diese Zustände organisierten sich Feminist*innen. Auch die Fortschritte innerhalb der Linken sind durch einen gemeinsamen Kampf von FLINTAs und Queers entstanden. Sie kämpften tagtäglich gegen den Sexismus ihrer Genossen. Denn wer in der Linken gegen geschlechtsspezifische Gewalt kämpft, kann sich auf cis Männerorganisationen nicht verlassen. Und auch wir sagen: Männer, Männlichkeit zu “kritisieren” reicht nicht aus! Schafft sie ab! Werdet Geschlechtsverräter!
Erkämpfte feministische Errungenschaften stehen wieder auf der Kippe, ein rechter Backlash ist zu befürchten, körperliche Selbstbestimmung ist nach wie vor Wunschdenken und geschlechtsspezifische Gewalt ist immer noch allgegenwärtig!
Daher kämpfen wir gemeinsam weiter:
Es ist nicht nur qualifizierte Fachberatung und ein Platz für jede Frau, Inter- und Nonbinary-Person notwendig, die von häuslicher oder sexualisierter Gewalt betroffen ist, sondern ein generelles Ende der Ursachen dieser patriachalen Zustände. Wir fordern ein Ende des Besitzdenkens von (Ehe-)Männern, Vätern und Familienmitgliedern! Wir wollen frei von physischer, psychischer, finanzieller und sexueller Gewalt sein! Die patriachalen Zustände müssen ein Ende haben.
Wir fordern Solidarität mit TIN* Personen in den Debatten um Zugänge zu Beratung und Schutzräumen: trans Personen finden schon seit vielen Jahren Schutz in Frauenhäusern. Das ist kein Szenario, das durch ein Gesetz neu im Raum steht. Gewaltschutz steht allen Menschen zu. Wir vertrauen auf das Urteilsvermögen der erfahrenen Fachkräfte und der Positionierung der Frauenhausverbände und Gewaltschutzfachstellen. Wir fordern (mehr) spezialisierte Fachberatung für queere Menschen, die Opfer von patriarchaler Gewalt geworden sind.
Lasst uns diese Forderungen und unsere Wut gemeinsam auf die Straße tragen. Kommt zur Kundgebung am 25.11. um 14 Uhr und zur Demonstration ab 17 Uhr im Rabet!
Auf die Straße gegen patriarchale Gewalt – wütend feministisch solidarisch-
Aufruf von fantifa Leipzig und [k]appa